Sonntag, 24. Januar 2010

klassenkampf

Die Narbe an meinem rechte Knie, die man auch heute noch deutlich sieht, stammt daher, weil mich der Kren Hannes mal vor den Schulbus werfen wollte. Ich bin allerdings nicht vor den einfahrenden Bus gefallen, sondern auf die Randsteinkante. Hose kaputt, Knie kaputt. Ich konnte drei Tage nicht mehr richtig laufen. Warum er das getan hat, weiß ich nicht mehr. Vermutlich hat der "Fette Sau!" zu mir gesagt und ich ihm ein "Trottel!" entgegnet.

Das war in der zweiten oder dritten Klasse. Zuvor hatten alle zusammengehalten und vor dem Aigner gezittert, der und seine Bande haben regelmäßig Erstklassler verprügelt. In den Pausen am Gang und nach der Schule auf dem Heimweg. Nur bei mir haben sie sich nicht so richtig getraut, ich war nämlich schon mit 7 fast so groß wie der Aigner und mindestens so schwer. Mir hat er nur einmal eine gschmiert, da hab ich ihn gebissen und getreten.

Den Aigner haben wir alle gehasst. Als er dann in die neue Schule wechselte, haben wir Steine gegen seine Haustür geworfen und weil der Riegler wusste, wo der Aigner sein unlängst verstorbenes Meerschweinchen begraben hatte, gruben wir es wieder aus und knüpften es mit einem Strick um den Hals an einen Baum vor seinem Haus. Dazu hefteten wir einen Zettel, auf dem stand: "Dich hängen wir auch auf, wenn wir Dich erwischen!" Wir waren neun. Der Aigner hat nach dieser Aktion dann den Riegler ordentlich verprügelt, die beiden waren ja Nachbarn.

Der Riegler mochte auch den Käferböck nicht, beim Käferböck konnte man zwar Fernsehen, der hatte die meisten Programme im Ort - und ein Walkie Talkie, aber er war ein bisschen langsam.

"Wenn ich will, dann kann ich jemanden umbringen!" hat er jedes Mal geschrieen, wenn ihn wieder jemand bespuckte, oder ihm den Schulkakao in die Schultasche kippte. Dabei lief er rot an und schlug wild um sich, dann haben der Riegler und der Steiner ihn getreten und der Käferböck hat die beiden an den Haaren gezogen und versucht sie zu würgen. Mir hat der Käferböck immer ein bisschen leid getan, also hab ich ihn beschützt und dem Riegler und dem Steiner auch ein paar Haare ausgerissen.

Den Artner Pepi mochte auch keiner, aber der hat sich nie gewehrt, da haben sie bald den Spaß am piesacken verloren. Der Pepi stammte aus einer sehr armen Bauernfamilie und besaß nur drei Pullover, alle mit Rentiermuster, darüber konnte man sich aber immer lustig machen, oder darüber, dass er nach Kuhstall roch.

Der Neuhauser war eine Klasse unter uns. Ein schmächtiges, blasses Bürschchen, das im Pausenhof gerne andere Schüler bespuckte oder ihnen den Turnbeutel versteckte. Der hat einmal den Käferböck getreten, dafür hab ich ihm das Gesicht so zerkratzt, dass anderntags seine Mutter beim Direktor vorstellig wurde.

Aber der wusste ja, dass ich nicht wie die anderen Mädchen aus meiner Schule war und keiner Prügelei aus dem Weg ging. "An der ist halt ein Bub verloren gangen", hat er nur achselzuckend gemeint, als ich mich bei der Mutter entschuldigen musste. "Ihr Sohn haut aber auch andere Kinder. Immer die, die sich nicht wehren können. Ich hab nur geholfen." hab ich gesagt und ihn noch weniger mögen, weil er petzen war.

Die anderen Mädchen haben kaum jemals wen geschlagen, die sind immer nur daneben gestanden und haben angefeuert, wenn sich die ganze Schule bekriegt hat - wir waren nur 40 Kinder insgesamt, 8 davon in meiner Klasse.

"Weißt du" hat die Pezi immer gesagt, "in Wirklichkeit bin ich eh deine beste Freundin, aber wenn mich wer fragt, dann sag ich halt, dass du eine fette Sau bist. Das sag ich aber eh nur so."

Einmal hat sie mich ins Schulbiotop geschmissen und ich hab den ganzen Vormittag in Turnkleidung rumsitzen müssen und kam ganz schmutzig nachhause, aber das war halt eh nur Spaß. Daheim hab ich erzählt, dass ich von selber reingefallen bin in den Teich.

Mich haben`s gerne Arschloch genannt, "weil, du bist ja nicht getauft, dich kann man ja nennen, wie man will." Das war mir aber ziemlich egal, wirklich schlimm war nur das "fette Sau!", das hab ich heut noch im Kopf, das geht nie wieder weg.

Aber das kennen die Elvira oder die Elisabeth sicher auch, die waren nämlich viel dicker und die konnten sich auch nicht wehren. Für die hab ich mich manchmal geprügelt, obwohl ich die zwei nicht mochte.

Die Lieblingsschimpfwörter waren aber "Schwule Sau!" und "Loser!", wahrscheinlich deshalb, weil eigentlich keiner so genau wusste, was es eigentlich bedeutet und alle dachten, das sei sicherlich richtig pervers.

Die Angela, von der hat jeder gesagt, dass sie eine verlogene Sau ist und eine Nutte. Dass die Mutter von der Martina damals eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch gegen die Eltern von der Angela erstattet hat, hat jeden gewundert, weil, was mischt sie sich da ein? Außerdem hat die Angela das eh nur erfunden, damit sie ihrem Vater eins auswischen kann.

Mich hat der Papa von der Angela auch ein Mal komisch angegriffen, da hab ich gesagt "Ich mag das nicht, ich geh jetzt heim" und dann hat er mich über die Treppe geschleift und gesagt, ich soll ja den Mund halten und das hab ich auch getan, weil der Papa von der Angela, der war ganz komisch und es war eh nix.

Ich bin trotzdem immer zur Angela, weil die immer neue Barbiepuppen hatte, die hat ihre Mutter in der Müllsortierungsanlage gefunden, in der sie gearbeitet hat.

Aus der Anzeige ist nichts geworden, weil dass die Familie komisch ist, hat eh jeder gewusst, dass der Vater säuft und die Mutter lügt und die Tochter sicher mal eine Nutte wird und die Söhne, denen hat die Polizei zum ersten Mal ein Auto weggenommen, da waren sie 12 und 14 und sind halt nicht mehr nur auf Feldwegen gefahren, sondern auch auf der Bundesstraße.

Die Angela habens auch gerne gedroschen, aber mir hat sie immer ein bissl leid getan. Die war auch immer krank, besonders wenn wir Turnen hatten. Da hatte sie immer Rückenschmerzen, aber anschauen lassen hat sie sich nie.

Die Bergerbuben hat auch keiner mögen. Der Jürgen war nämlich fett und dass er ein ganz kleines Zipferl hatte, wusste nach dem Schwimmunterricht auch jeder. Sein Cousin, der Markus hat sich in der dritten Klasse noch manchmal in die Hose geschissen, deshalb habens ihn immer "Hosenscheißer" und "Drecksau" genannt, aber der war in einem anderen Jahrgang, da waren wir schon in der Hauptschule, gewusst haben es trotzdem alle.

Wie wir in die Hauptschule gekommen sind, sind wir erstmal zusammengesessen wie die Lämmer und haben uns ein bisschen vertragen, weil wir waren nur 8 und die aus der anderen Schule 22 und dass die aus der anderen Schule alle blöd sind, das hatte sich ja herumgesprochen.

Aber ein paar von denen waren gar nicht so blöd, schlimmer waren die dummen Kinder aus der Volksschule und die aus den höheren Klassen, weil die haben sich nämlich für was Besseres gehalten und uns wie Babies behandelt.

Einen aus der einen Volksschule hat es aber gegeben, gegen den hat sich keiner getraut. Der hat hat schon 6 jährige erpresst und alles aus der Schultasche genommen, was er haben wollte und der war auch größer, als die meisten in der ersten Klasse Hauptschule.

Einmal hat der aber eine Freundin von mir angerempelt, die Claudia, die ist über die Stufen gestürzt und hat sich ziemlich weh getan. Da hab ich geschrieen, ob er ein Trottel ist und ihn auch gerempelt und der hat mir eine ziemlich Watschn verpasst und ich hab zurück gehaut und dann versucht, mein Gesicht zu schützen, weil er immer mehr auf mich hingedroschen hat. Dass er sich dabei die Hand gebrochen hat, habe ich erst einen Tag später erfahren, wie mich ein Mädchen angespuckt hat und gesagt hat "Wie kann man nur so brutal sein. Das war mein Nachbar."

Da bin ich zum Direktor gegangen, aber der hat auch nichts gewusst, außer dass sich gestern ein Schüler in der Mittagspause die Hand gebrochen hat. Die Volksschulkinder haben dann aber ihre Ruh gehabt und zu mir war er später auch immer freundlich.

Mit der Zeit ist es ja weniger brutal geworden, nämlich wie die Mädchen die Burschen und die Burschen die Mädchen entdeckt haben. Die Buben haben weniger gerauft, die sind lieber zum Basketballspielen gegangen und haben sich von den Mädchen bewundern lassen.

Dafür haben die Mädchen plötzlich mehr gestritten. Die eine hat der anderen Stifte gestohlen oder Schlüsselanhänger und wenn man sich mit den Klassenschönheiten angelegt hat, dann hat man kein ruhiges Leben mehr gehabt und auch keine Freunde.

Einmal hat mir die Aigner Niki so fest auf die Nase geschlagen, dass ich zwei Stunden lang Nasenbluten hatte, dabei hab ich nur gesagt, sie soll mich nicht dauernd Arschloch nennen, da hat sie mir eine ghaut und ich hab zurückgehaut und dann hat die Pezi, die auch mit war, gemeint "Du Arschloch traust dich, dass du die Niki haust?" und dann sind beide auf mich losgegangen und ich hab aufgegeben mich zu wehren, weil mit den beiden blieb man besser befreundet, sonst haben einen alle gehasst.

Einmal hat der Kren Hannes die Mädchen gefragt, wer Schokolade will und alle haben "Ich!" geschrien und er hat einfach eine Tafel Schokolade in den Gang geworfen und gesagt "Dann holt sie euch". Fast wär es mir gelungen die Erste zu sein, aber dann hat mich die Bayer an der Schulter zurückgehalten und wir haben ein bisschen im Scherz gerauft und dann hat sie mir absichtlich ein Bein gestellt und ich bin mit voller Wucht in die nächste Tür gekracht, dabei ist mein Schlüsselbein gebrochen.

Auf die Bayer war ich nicht richtig sauer, die hat es ja nicht leicht gehabt. 7 Kinder waren die, der Vater nie daheim und die Mutter hatte so religiöse Wahnvorstellungen und immer alle, die zu Besuch waren, mit Weihwasser besprenkelt. Besonders mich. Manchmal hat sie dann die Nerven verloren und im Kinderzimmer die Matratzen aus den Betten gerissen und die Kinder mit dem Lattenrost verprügelt. Aber so eine Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet und mich hat sie ja nicht geprügelt, weil ich hab ja auch nichts getan, ich war ja nur zu Besuch.

Ich wollte, dass die Bayer Kinder von zuhause weglaufen, weil die so oft grün und blau gedroschen wurden, aber die haben Angst gehabt, dass sie dann ins Heim müssen, so wie die Kinder vom Nachbarn. Die sind eines Tages nicht mehr zur Schule gekommen, weil das Jugendamt sie abgeholt hat, wegen dem Vater.

Beim Thommy haben die Lehrer gesagt, wir sollen nett zu ihm sein, seine Mutter hat sich umgebracht. Den haben im ersten Jahr auch die meisten in Ruhe gelassen, genau wie die zwei Schwestern, die Brillenschlange und die Schirche Birgit, da hat sich die Mutter aufgehängt, denen hat auch eine Zeit lang keiner mehr den dreckigen Mistkübel aufgesetzt oder Müll ins Turnsackerl gesteckt.

Spätestens in der letzten Klasse ist sowieso kaum noch jemand handgreiflich geworden, weil da haben sich alle schon für andere Sachen interessiert - Rauchen, Alkohol oder Sex...manche hatten ja angeblich schon... nur der Schützi hat mich hin und wieder "Tuttlsau" genannt und mir einmal mit einem Karatesprung einen blauen Fleck am Busen verpasst, weil da war ich früher dran, als die anderen.

"Fette Sau" hab ich auch noch ein paar Mal gehört, aber immerhin haben sie meistens mit mir geredet, weil mit den richtigen Außenseitern hat keiner geredet. Nicht mit der Nutte Ela, oder der Pickelsau oder dem Dorfmoped.

Das erste ausländische Kind im Ort kam übrigens erst 4 Jahre nach uns in die Schule, den Tuncay haben sie schon vom ersten Tag an "Dünnschiss" genannt.

privataudienz

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der pöbel unter sich

Ich finde die beamtenhaft...
Ich finde die beamtenhaft anmutende Pause in diesem...
bob (Gast) - 23. Dez, 10:14
Das ist doch unglaublich....
Das ist doch unglaublich. Glaub ich.
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:11
Wohl eher ein naturhysterisches...
Wohl eher ein naturhysterisches Diorama. Die beiden...
textorama (Gast) - 22. Sep, 17:10
gemüsehunger, immer zur...
gemüsehunger, immer zur unzeit... längst licht aus...
p. (Gast) - 9. Aug, 04:03
gemüsefach hatte an dem...
gemüsefach hatte an dem tag bereits geschlossen.
MoniqueChantalHuber - 6. Aug, 07:58
auf n sprung ins gemüse?
auf n sprung ins gemüse?
p. (Gast) - 6. Aug, 03:56
klammern halten die großen...
klammern halten die großen scheine einfach besser zusammen.
MoniqueChantalHuber - 3. Aug, 16:08
Klammern anstatt Rettungsschirm,...
Klammern anstatt Rettungsschirm, sehr clever.
mq (Gast) - 2. Aug, 09:08
eine fabelnhafte idee.
eine fabelnhafte idee.
MoniqueChantalHuber - 1. Aug, 22:30
Ich überlege gerade,
ob es nett wäre, wenn sich könig egon ladislaus froschojewsky...
schreiben wie atmen - 1. Aug, 22:18

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

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