Mittwoch, 27. Juni 2007

die anfänge

die erste geschichte die ich je schrieb. die ich in allem überschwang über eine veröffentlichung in einem mittelklassigen provinz-onlinejournal, mich fünf minuten der illusion hingebend, etwas von bedeutung geschaffen zu haben, ausgerechnet dem agenturchef zu lesen gab, was mich sein vertrauen (das alte "wo endet dichtung und wo beginnt wahrheit" - problem) und in letzter konsequenz den job kostete. so viel waren diese zeilen definitiv nicht wert. mein themenspektrum hat sich seither nicht großartig verändert und noch immer setzt man gern das beschriebene ich mit dem schreibenden ICH gleich. manchmal berechtigt, manchmal nicht.

vielleicht sollte ich mehr über gänseblümchen schreiben, sonnenaufgänge und zuckerwatte, zumindest das schreckstarre "das ist doch autobiografisch, oder?" fiele dann weg. menschen die von blumen und dem wonnegefühl der ersten frühlingssonnenstrahlen, die nackte zehen kitzeln, berichten, vor denen hat man keine angst oder vermutet in jedem satz ein detailgetreues abbild der zerrütteten autorenpsyche.

achwas, selbst bei diesem text meinte kürzlich ein mir ehemals sehr zugetaner mensch "ein wenig gerührt, um nicht zu sagen be-rührt bin ich allerdings auch von der geschichte, da ich die vita der verfasserin kenne und an der einen oder anderen stelle erahne, wie das erlebte in die fabel einfloss." AAAAAAAAAAAAAH!

saisonal deplatziert, andererseits: spätestens nächsten monat gibt es bestimmt schon irgendwo schokonikoläuse zu kaufen


a christmas suicide: eine winterimpression, eine winterdepression

(ich erspare mir und ihnen interpretationsversuche, diesmal ist`s tatsächlich stark autobiografisch, allerdings so vergangen, dass ich`s bereits als fiktion betrachte.)

lebkuchen

Kopfschmerzen. Pochende Kopfschmerzen. Ich lieg im Bett. Allein. Gott sei Dank! - Ich kann also nicht so betrunken gewesen sein. Ich steh auf und suche meine Zigarretten. Lauf aufs Klo und kotze Gallensaft. Erinnerungsfetzen. „Ach du Scheiße!"

Das Telefon klingelt. Reinhard. „Na, du hast ja gestern ordentlich einen sitzen gehabt." Und er erzählt Dinge, die ich nicht glauben will. Ich halt mir die Ohren zu und summe laut vor mich hin. Ich könnt heulen. Vor lauter Scham muß ich gleich nochmal kotzen. Den Rest des Tages verbringe ich in einer Wolke aus Alkoholausdünstungen. Meine Mitbewohnerinnen sehen fern und trinken Bier. Ich hasse mich und trinke Wasser.

Niemand da, der mich festhält. Ich lieg im Dunkeln und warte. Auf nichts Besonderes - nur dass es aufhört - das Pulsieren in meinem Schädel, das sinnlose Besaufen, die Suche nach der wahren Liebe, alles. Ich möchte sterben - ja, sterben wär jetzt genau das Richtige.

Irgendwo in meinem Zimmer liegen noch 2 Packungen Antidepressiva - „Sie sind immer so traurig! Es braucht Ihnen nicht peinlich zu sein. Das hilft Ihnen wieder zu sich selbst zu finden" - 60 Portionen Glück im praktischen Spender. Meine aspiringeeichte Kehle schluckt folgsam und ohne Würgen.

Ich geh in die Küche und hole den Apfelkorn vom Schrank - unser Adventkalender. Feinsäuberlich ist die eineinhalb Liter Flasche mit 24 Strichen markiert und mit lustigen Weihnachtsmotiven beklebt. Ich nehm mir ein Glas, füll es an und trinke es in einem Zug leer, dann noch eins. Nach dem dritten wird mir übel. Vorsichtshalber gieß ich mir nochmal nach. Ich trinke langsamer und starre ins Küchenlicht. Ich warte ab, was passiert.

Sterben ist eigentlich schon Scheiße. Meine Mitbewohnerinnen sitzen im Wohnzimmer und trinken noch immer Bier, ich trink nun direkt aus der Flasche. Ich ruf Reinhard, den Kollegen, an und sag ihm, dass ich morgen nicht zur Arbeit kommen werd, dass ich jetzt wahrscheinlich ins Krankenhaus fahr, dass ich was Dummes gemacht hab. Er wird hysterisch. Ich leg auf und wähl die Nummer vom Notruf. Ich zieh mir die Schuhe an, steck meine Zigarretten ein und geh nach unten.

Draußen riecht es nach Schnee. Und Hundescheiße. „Wo ist sie? Haben Sie uns verständigt?" Ich klettere ins Rettungsauto. Meine Sozialversicherungsnummer kann ich auswendig. Die Sanitäterin fülllt ein Datenblatt aus und redet mir gut zu. Ich seh nur mehr verschwommen. An den Milchglasscheiben des Rotkreuzwagens zieht die Stadt vorbei. Bunte Lichter. Ich schlafe ein.

Ich lieg hinter einem grünen Vorhang aufgebahrt. Ich hab die Hände über dem Bauch gefaltet. Vielleicht bin ich jetzt tot? „...sollen wir den Magen auspumpen? ..Aktivkohle... wie alt ist sie?... solange der Kreislauf stabil ist... weiß jemand, was sie genommen hat?...ruf die Vergiftungszentrale an!...” „Ihr Freund möchte sie sehen!” Ich hab doch gar keinen Freund.

Reinhard schiebt den Vorhang zur Seite. „Ich habe behauptet, dass wir zusammen sind, sonst hätten sie mich nicht zu dir gelassen.” „Du und mein Freund? Nur über meine Leiche” sage ich und lache. Ich freu mich, dass ich Besuch hab und schlaf wieder ein.

„2,6 Promille” Ich klettere von meiner Liege. Reinhard ist nicht mehr da. Ich sag, dass ich jetzt eine rauchen geh. Eine Schwester setzt mich in den Rollstuhl, fährt mich auf den Gang hinaus und hilft mir, die Zigarette anzuzünden. Von irgendwoher kommt plötzlich irgendjemand und bringt mich irgendwohin.

Es ist dunkel. Eine Flügeltür zu einer anderen Welt. Stampfen. Pochen. Zischen. Ich bin in einer Maschinenhalle. Ich kann Musik sehen. Man trennt mir den linken Arm ab. Die Musik ist mein Herzschlag, ich beobachte den Monitor. Wenn ich will, kann ich mein Herz stehen lassen. Die Blutdruckmanschette pumpt sich wieder auf. Neben mir liegt etwas. Ein Cyborg. Er schnarcht - nein, das ist kein Schnarchen, er erstickt.

Die alte Frau wird die Nacht nicht überleben. Da stecken ja nur Schläuche drin. „Auf Wiedersehen, alte Frau, ich wünsch dir alles Gute.” Die Alujalousien. Ich zähle die Lamellen. Ich kontrolliere meinen Herzrythmus. Die Bludruckmanschette pumpt sich jede halbe Stunde auf. Drei mal, fünf mal, acht mal, zehn mal. Die Jalousie besteht aus 33 Teilen. 33, 33, 33, 33, 33. Herzrasen. Blutdruck 158 zu 60. Der Monitor macht ein neues Geräusch. Alarm. Ich versuche es nochmal.

Eine Frau kommt, mit Duschhaube, sie steckt dem Cyborg einen neuen Schlauch hinein. Ich will schlafen. SCHLAFEN. Eine Minute, zwei Minuten, achtundzwanzig Minuten, siebenundvierzig Minuten, die Frau mit der Duschhaube kommt wieder - ich glaube, sie mag mich nicht, zweiundfünfzig Minuten, neunundfünfzig Minuten, gleich pumpt sich die Manschette zum siebten Mal auf, dreiunddreißig, dreiunddreißig, hundertundvier Minuten, die alte Frau wird sterben, ich weiß es, hundertsiebzehn Minuten, zweihundertneununddreißig, nullachtfünfzehn, nullneunhundert, siebzehnachtzehn.

Es wird hell. Seit dreiundzwanzig Minuten. Die alte Frau lebt noch. Eine neue Frau mit Duschhaube kommt. Fünfundvierzig Minuten. Eine andere Frau kommt, ohne Duschhaube.

„Willst du etwas zu trinken?” Ich nicke und greife gierig nach dem Glas. Ich verschütte das Wasser auf meinem Bauch. Sie schenkt mir erneut Wasser ein. Diesmal hilft sie mir. Meine Zunge klebt am Gaumen. Die Frau verlässt mich, und ich weine. Es vergehen Minuten, Stunden, Tage, Monate. Sechs Uhr dreißig. Meine Frau kommt wieder. Sie gibt mir noch einmal zu trinken, dann streicht sie mir durchs schweißnasse Haar. „Warum hast du das gemacht? Jetzt so kurz vor Weihnachten. Wissen deine Eltern schon Bescheid?"

Sie schwankt ein bißchen, vielleicht hat sie getrunken. Der ganze Raum hat getrunken. „Warum sollen meine Eltern Bescheid wissen müssen?” sage ich so deutlich wie ich nur kann. Ich muß es dreimal sagen. „Du bist doch noch minderjährig, da müssen wir sie schon verständigen!” Ich bin 22. Die Frau ist mir sympatisch.

Es wird hektisch. Immer mehr Duschhaubenträger platzen herein. Die synchrone Symphonie der Maschinen geht unter in biologischer Geschäftigkeit. Die alte Cyborgfrau wird gewaschen. Ärzte kommen. Sie wollen Antworten. Ich will doch nur schlafen. Ich sage, dass es eine idioische Aktion war und ich nicht genau weiß, warum ich es gemacht habe. Die Frau ohne Duschhaube zieht mich an. Danach entlässt man mich aus der Intensivstation.

Zivildiener kommen, um mich abzuholen. „Hat jemand von euch eine Zigarette?” frage ich die beiden. Einer sieht die ganze Zeit weg. Mir ist es auch peinlich. Wir hatten mal was miteinander. Sein Kollege gibt mir eine Marlboro. Ich kann kaum aufrecht stehen, aber ich will nicht, dass sie mich stützen. Ich rauche hastig. Ein paar Schneeflocken tanzen vom Himmel. „Weiße Weihnachten” denk ich und steige in den Rettungswagen.

privataudienz

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der pöbel unter sich

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Ich finde die beamtenhaft anmutende Pause in diesem...
bob (Gast) - 23. Dez, 10:14
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textorama (Gast) - 22. Sep, 17:11
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textorama (Gast) - 22. Sep, 17:10
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p. (Gast) - 9. Aug, 04:03
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MoniqueChantalHuber - 6. Aug, 07:58
auf n sprung ins gemüse?
auf n sprung ins gemüse?
p. (Gast) - 6. Aug, 03:56
klammern halten die großen...
klammern halten die großen scheine einfach besser zusammen.
MoniqueChantalHuber - 3. Aug, 16:08
Klammern anstatt Rettungsschirm,...
Klammern anstatt Rettungsschirm, sehr clever.
mq (Gast) - 2. Aug, 09:08
eine fabelnhafte idee.
eine fabelnhafte idee.
MoniqueChantalHuber - 1. Aug, 22:30
Ich überlege gerade,
ob es nett wäre, wenn sich könig egon ladislaus froschojewsky...
schreiben wie atmen - 1. Aug, 22:18

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

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