DER TAG AN DEM ICH ZUR FRAU WURDE - riot girl you`ll be a woman soon
Zur Beruhigung all derer die kein Blut sehen können, ich werde nicht von diesem Tag vor über zehn Jahren erzählen, an dem ich zum allerersten Mal möglichst unauffällig durch die Hygieneartikelabteilung des Drogeriemarktes schlich und, von der Vielfalt an cellophanierter Zellulose überwältigt, zwischen den frisch gewischten Regalgängen und Gitterkörben voller Sonderangebote, eine wichtige Entscheidung zu treffen hatte: Reißleine oder Windelvorstufe. Ich werde auch nicht davon sprechen, welche irritierten Blicke frau erntet, wenn sie kalkweiß-anämisch aus dem Bad wankt, sich unter Bauchkrämpfen windet und dann vor versammelter Runder erklärt: „Wenn das so weitergeht, bin ich bald kosher!.“ Ich werde nicht anmerken, dass ich es befremdlich finde, wenn Frauen verstohlen kleine, weiße Röllchen unter der Hand weiterreichen, als ob es illegale Ware wäre. In dem Zusammenhang verzichte ich auch darauf, den Abend zu erwähnen, als meine infarktnahe Oma, selbst wohl aufgewachsen mit gehäkelten Schlüpfereinlagen, eine achtlos auf der Toilette liegen gelassene Plastikhülle für den sicheren Beweis meiner vermuteten Drogensucht hielt und sich erst beruhigte, als ich ihr den tatsächlichen Verwendungszweck anhand eines noch originalverpackten Tampons schematisch demonstrierte. Und darüber, dass viele Männer dazu neigen, Kritik von Seiten einer Frau mit einem wegwerfenden „Die hat wohl ihre Tage“ abzutun, lasse ich mich erst recht nicht aus.
Nein, ich meine den 17. September 2005, den Tag an dem ich den Entschluss fasste, fortan als Frau zu leben. Strikt biologisch gesehen war ich das selbstverständlich schon immer, erst halt Mädchen und dann irgendwann mal junge Frau. Damals, als ich noch klein war, weil ich flache Schuhe trug, war ich jedoch schrecklich naiv. Ich dachte allen Ernstes, es käme auf sowas wie innere Werte an. Erst eingehendes Studium von Aufklärungsbroschüren für Frauen, die zu meinem Glück bei jedem Friseur und in Arztpraxen aufliegen, machte mir klar - wer Produkt sein will, muss auf die Verpackung achten. Egal ob im T-Shirt, auf dem "Sexbombe" draufsteht auch Sexbombe drinsteckt, nur die Präsentation zählt.
Was mich wirklich dazu brachte, darüber nachzudenken, ob ich mich nicht vielleicht auf völlig unwichtige Balzkriterien, wie Intelligenz und Selbsständigkeit verließ, anstatt ordnungsgemäß in meiner Geschlechtsrolle aufzugehen, war allerdings etwas anderes: ich kenne niemanden, abgesehen von mir selbst, der regelmäßig von ausgewachsenen Personen gefragt wurde: "Waren sie schon immer eine Frau?" Und was tat ich in dem Falle? Goss Öl ins Feuer und behauptete ich sei halt transsexuell schwul oder sagte keck: "Wollen sie mal meine Brusthaare sehen?".
Zu einer Zeit als ich tatsächlich glaubte, dass meine Meinung mehr Gewicht hätte als mein Busen und ich überzeugt davon war, meine Vorzüge ohnehin zu betonen, raunten mir wohlmeinende Stimmen von allen Seiten zu: "Jetzt mach halt was aus dir!", "Steh zu deiner Weiblichkeit!", " Lass dir die Haare wachsen.", " Gib dich nicht immer so burschikos." Und sie hatten recht!. Schluss mit den Männerstrategien! Wenn sie dich als ihresgleichen betrachten, reden sie ganz vernünftig mit dir, aber verdammt, ich will nicht immer nur reden! Deshalb hab ich mir an jenem zukunftsweisenden 17. September High Heels gekauft und Hausarbeit nur mehr auf Stöckeln verrichtet (um mich auf meine neue Rolle einzustimmen, stilecht im klassischen Haushaltskittel). Zwei Tage und einen zerkratzten Parkettboden später war ich reif für meinen ersten Auftritt in der Öffentlichkeit. Was hatte ich anfangs noch mit meiner Höhenangst zu kämpfen, aber die Aussicht entschädigte mich allemal.
Nicht nur mein Gang, auch ich selbst habe mich verändert. Die Flegeljahre sind vorbei! Ich entdecke meine feminine Ader. Camouflage trage ich nur mehr wenn's IN ist. Beim Anblick von Kinderwägen verliere ich beinah schon automatisch die Fähigkeit mehr als "dada" zu brabbeln und verzieh den Mund zu einer, hoffentlich, freudigen Grimasse - vorerst muss ich mich noch ein bisschen dazu zwingen, Mutterinstinkte verspür ich leider beim besten Willen noch nicht. Ich erzähle keine makaberen Witze mehr, zum einen weil Männer witzige Frauen nur sexy finden, so lange sie ihnen nicht die Show stehlen, zum anderen geziehmt es sich einfach nicht. Ich knurre keinesfalls mehr bösartig: "Ich bin nicht süß, süß ist eine Geschmacksrichtung!" sondern reagiere mit einem abgeschwächten: "Wenn, dann bin ich zartbitter oder edelherb!", falls sich mal einer traut mir den Kopf zu tätscheln und meint: "Eigentlich bist du ja eh eine ganz Süße.", so eine 180 Grat-Wanderung funktioniert eben nicht von heute auf morgen. Ich trag ja auch noch mein neuerstandenes Make-up im Armeebeutel aus alten Tagen herum und einen Seitenschneider im Handtäschchen zu haben, so unweiblich es auch sein mag, ist wirklich praktisch.
Die wundersame Wandlung zum Weibchen verläuft bedächtig aber unaufhaltsam. Ich werde von Tag zu Tag besser. Gern denk ich zurück an den Moment, als ich erstmals, unter getuschtem Wimperngeklimpere, dem Polizisten am Autofenster nicht "Einen Big Mac und Pommes, bitte." entgegnete, sondern säuselte: "Ach, ich bin bestimmt nicht schneller gefahren als 50!" und damit davonkam, obwohl's natürlich gelogen war.
In der Eingewöhnungsphase habe ich mich noch hin und wieder gefragt, ob mit mir etwas nicht stimmt, ob mir Sabber aus den Mundwinkeln trieft, ich ein Bein hinterher schleife oder so ungustiös anzusehen bin, dass mann mir anstandshalber lieber in den Ausschnitt starrt, als direkt ins Gesicht - als bester Kumpel war ich solche Blicke nicht gewohnt. Aber jetzt bin ich HOT CHICK und statt meines rotzigen Charmes finden endlich alle Männer meinen Hintern toll!
Nein, ich meine den 17. September 2005, den Tag an dem ich den Entschluss fasste, fortan als Frau zu leben. Strikt biologisch gesehen war ich das selbstverständlich schon immer, erst halt Mädchen und dann irgendwann mal junge Frau. Damals, als ich noch klein war, weil ich flache Schuhe trug, war ich jedoch schrecklich naiv. Ich dachte allen Ernstes, es käme auf sowas wie innere Werte an. Erst eingehendes Studium von Aufklärungsbroschüren für Frauen, die zu meinem Glück bei jedem Friseur und in Arztpraxen aufliegen, machte mir klar - wer Produkt sein will, muss auf die Verpackung achten. Egal ob im T-Shirt, auf dem "Sexbombe" draufsteht auch Sexbombe drinsteckt, nur die Präsentation zählt.
Was mich wirklich dazu brachte, darüber nachzudenken, ob ich mich nicht vielleicht auf völlig unwichtige Balzkriterien, wie Intelligenz und Selbsständigkeit verließ, anstatt ordnungsgemäß in meiner Geschlechtsrolle aufzugehen, war allerdings etwas anderes: ich kenne niemanden, abgesehen von mir selbst, der regelmäßig von ausgewachsenen Personen gefragt wurde: "Waren sie schon immer eine Frau?" Und was tat ich in dem Falle? Goss Öl ins Feuer und behauptete ich sei halt transsexuell schwul oder sagte keck: "Wollen sie mal meine Brusthaare sehen?".
Zu einer Zeit als ich tatsächlich glaubte, dass meine Meinung mehr Gewicht hätte als mein Busen und ich überzeugt davon war, meine Vorzüge ohnehin zu betonen, raunten mir wohlmeinende Stimmen von allen Seiten zu: "Jetzt mach halt was aus dir!", "Steh zu deiner Weiblichkeit!", " Lass dir die Haare wachsen.", " Gib dich nicht immer so burschikos." Und sie hatten recht!. Schluss mit den Männerstrategien! Wenn sie dich als ihresgleichen betrachten, reden sie ganz vernünftig mit dir, aber verdammt, ich will nicht immer nur reden! Deshalb hab ich mir an jenem zukunftsweisenden 17. September High Heels gekauft und Hausarbeit nur mehr auf Stöckeln verrichtet (um mich auf meine neue Rolle einzustimmen, stilecht im klassischen Haushaltskittel). Zwei Tage und einen zerkratzten Parkettboden später war ich reif für meinen ersten Auftritt in der Öffentlichkeit. Was hatte ich anfangs noch mit meiner Höhenangst zu kämpfen, aber die Aussicht entschädigte mich allemal.
Nicht nur mein Gang, auch ich selbst habe mich verändert. Die Flegeljahre sind vorbei! Ich entdecke meine feminine Ader. Camouflage trage ich nur mehr wenn's IN ist. Beim Anblick von Kinderwägen verliere ich beinah schon automatisch die Fähigkeit mehr als "dada" zu brabbeln und verzieh den Mund zu einer, hoffentlich, freudigen Grimasse - vorerst muss ich mich noch ein bisschen dazu zwingen, Mutterinstinkte verspür ich leider beim besten Willen noch nicht. Ich erzähle keine makaberen Witze mehr, zum einen weil Männer witzige Frauen nur sexy finden, so lange sie ihnen nicht die Show stehlen, zum anderen geziehmt es sich einfach nicht. Ich knurre keinesfalls mehr bösartig: "Ich bin nicht süß, süß ist eine Geschmacksrichtung!" sondern reagiere mit einem abgeschwächten: "Wenn, dann bin ich zartbitter oder edelherb!", falls sich mal einer traut mir den Kopf zu tätscheln und meint: "Eigentlich bist du ja eh eine ganz Süße.", so eine 180 Grat-Wanderung funktioniert eben nicht von heute auf morgen. Ich trag ja auch noch mein neuerstandenes Make-up im Armeebeutel aus alten Tagen herum und einen Seitenschneider im Handtäschchen zu haben, so unweiblich es auch sein mag, ist wirklich praktisch.
Die wundersame Wandlung zum Weibchen verläuft bedächtig aber unaufhaltsam. Ich werde von Tag zu Tag besser. Gern denk ich zurück an den Moment, als ich erstmals, unter getuschtem Wimperngeklimpere, dem Polizisten am Autofenster nicht "Einen Big Mac und Pommes, bitte." entgegnete, sondern säuselte: "Ach, ich bin bestimmt nicht schneller gefahren als 50!" und damit davonkam, obwohl's natürlich gelogen war.
In der Eingewöhnungsphase habe ich mich noch hin und wieder gefragt, ob mit mir etwas nicht stimmt, ob mir Sabber aus den Mundwinkeln trieft, ich ein Bein hinterher schleife oder so ungustiös anzusehen bin, dass mann mir anstandshalber lieber in den Ausschnitt starrt, als direkt ins Gesicht - als bester Kumpel war ich solche Blicke nicht gewohnt. Aber jetzt bin ich HOT CHICK und statt meines rotzigen Charmes finden endlich alle Männer meinen Hintern toll!
MoniqueChantalHuber - 3. Apr, 19:30
mkh - 3. Jun, 10:24
Interessante Metamorphose. Aber wahrscheinlich eher eine Verschmelzung aus riot girl und woman soon, oder?
Übrigens, wie haben denn die Polizisten seinerzeit reagiert, gab´s Pommes?
Ansonsten: Eine schöne Fundgrube, auf die ich da gerade gestoßen bin, werte Frau riot girl! Weitermachen nach der Sozialpause, bitteschön...
Übrigens, wie haben denn die Polizisten seinerzeit reagiert, gab´s Pommes?
Ansonsten: Eine schöne Fundgrube, auf die ich da gerade gestoßen bin, werte Frau riot girl! Weitermachen nach der Sozialpause, bitteschön...
MoniqueChantalHuber - 3. Jun, 17:08
riot woman womöglich, doch der prozess ist noch nicht abgeschlossen, was letztlich wirklich dabei rauskommt, da bin ich selbst gespannt.
pommes gab es nie, da hatte mein fabulier-ich die oberhand beim schreiben.
keine sorge, wird bald weitergebloggt, noch amüsiert mich das ziemlich.
pommes gab es nie, da hatte mein fabulier-ich die oberhand beim schreiben.
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