FAMILIENSTAND: LEDIG oder von der Torschlusspanik
Ich praktiziere Monogamie in ihrer Reinform. Ich bin Single.
Den Abfluss verstopfen meine eigenen Haare, wo die Zahnpastatube steht ist völlig egal, die Klobrille bleibt unten, morgens stört mich nur mein Mundgeruch und für Urlaub hab ich keine Zeit. Rücksicht nehm ich wenn, dann nur auf mich selbst. Ich kann tun oder lassen was mir gerade in den Sinn kommt: achtzig Stunden die Woche arbeiten, Bergungsarbeiten im Katastrophengebiet Wohnung auf ein andermal verschieben, tagelang das selbe Lied hören, fortgehen und heimkommen wann oder bleiben bei wem ich will, schauerlich falsch singen, ohne dass es mir peinlich wäre. Es gibt niemanden der mich schlaftrunken angrunzt, wenn früh um halb vier mein Wecker läutet, keinen der sich beschwert, dass es schon seit Tagen nur Reis mit Sauerkraut und Kernöl zu essen gibt, kein männliches Wesen vor dem ich meine extrem unerotischen, zerschlissenen Lieblingsunterhosen verstecken müsste. Ich brauch mir keine Jahrestage merken, zu Weihnachten keine Freude über grauenhafte Parfums oder Teddybären heucheln und mich nicht mit Reproduktionsfragen befassen. Was anderer Leute Mütter von mir denken kümmert mich nicht. Meine Orgasmen sind nie vorgetäuscht. Wenn ich es wollte, ich bräuchte mir nicht die Beine rasieren, könnte an einem Abend siebzehn verschiedene Männer küssen oder einfach mal für einen Monat untertauchen.
Single sein kann ich gut. Single sein ist toll! Und so unproblematisch!
Trotzdem saß ich kürzlich im Traum bei Edith Klinger, der Wegbereiterin, ja Urmutter, aller Kuppelshows auf der Bank. "Als nächstes haben wir ein ganz, ein ganz ein liebes schwarzes Katzerl. Die Mietzi. Das arme Viecherl haben wir in einem Hinterhof aufgelesen. Wie kann ein Mensch nur so grausam sein und so ein unschuldiges Tier einfach aussetzen??" Ich hab gefaucht und sie in die Hand gebissen. "Ja, ein bisserl scheu ist sie halt noch. Und Kinder mag sie keine. Aber sonst ist sie ganz eine Brave. Ich bitte sie liebe Zuseher, bitte, bitte geben sie ihrem Herzen einen Ruck und geben sie dem Katzerl ein liebevolles Zuhause!"
Doch nicht nur im Alptraum, auch im Freundeskreis gelte ich als schwer vermittelbar. Und das schon Mitte zwanzig. Ich sei zu wählerisch und kompliziert, heißt es. Dabei wäre ich durchaus willens mich mit jemandem zu teilen. In Wahrheit bin ich mir schon lange keine Herausforderung mehr.
Im Arbeitsleben bleiben mir noch einige Jahre, nur krieg ich langsam Streß für den Frischfleischmarkt untauglich zu werden. Wobei ich nicht unbedingt Schwerkraft und Gesichtserosion fürchte, sondern vielmehr die Tatsache, dass Langzeitalleinlebende im Laufe der Zeit egomanische Wesenszüge und Schrullen entwickeln, die den Rest der bindungswilligen und zwischenmenschlich noch kompetenten Welt abschrecken.
Um nicht zu enden wie im Film, der seit einiger Zeit vor meinem horrorszenariengeschulten inneren Auge abläuft (Ich seh mich als ältere, alleinstehende Dame, mit dauergewellter Föhnfrisur in altweiberblau und stützbestrumpften Storchenbeinen, im Kaffeehaus sitzen, mit knorrigen Fingern, auf denen überdimensional geschmacklose Ringe stecken, pro forma in der Tageszeitung blättern, während ich über den Rand meiner Lesebrille hinweg das anwesende Kaffeehausklientel kritisch beäuge, zwischenzeitlich, mit abgespreiztem Finger, Tee aus einer dünnwandigen Porzellantasse schlürfe, nicht ohne dem pinguinesken Oberkellner, der mich mangels erheirateten Titels nicht mit Fraudoktor oder Frauoberstudienrat begrüsst, was mir angesichts der Tatsache, dass all die anderen in die Jahre gekommenen Damen im Raum, die ihre räudigen Schoßhündchen mit der ranzig schmeckenden Torte aus der Glasvitrine mästen und die wie ich anschließend zum Friedhof pilgern werden um die dort ausgehängten aktuellen Todesanzeigen angemessen betroffen zu studieren oder aber eine Kerze für den viel zu früh verblichenen Herrn Doktor/Oberstudienrat zu entzünden um danach im Park Tauben zu füttern, solcherart willkommen geheissen werden, was mir sauer aufstösst, aber dagegen habe ich ja Tabletten in meiner Handtasche, die ich immerzu umklammert halte und auf offener Straße durch hektisches Regenschirmgefuchtle vor potentiellen Taschendieben, vornehmlich ausländischer Herkunft, zu schützen trachte, mit pikierter Stimme darauf hinzuweisen, dass das Teewasser lauwarm sei.) heißt das erklärte Ziel ab sofort: längerfristige soziale Interaktion mit ein und dem selben, konträrgeschlechtlichen Menschen.
Ich habe das Zusammensein bereits an Haustieren geübt und kläglich versagt. Detailiertere Ausführung könnte mir den Vorwurf der Tierquälerei einhandeln und ließe die Edith, Gott hab sie selig, im Grabe rotiern, doch jedes Wesen, dass seine Bedürfnisse nicht unmissverständlich artikulieren kann, läuft Gefahr von mir nicht beachtet zu werden. Als Haustierhälterin bin ich völlig ungeeignet, also versuche ich meine Beziehungsfähigkeit an Lebewesen zu schulen, die keinen Verwesungsgeruch verströmen und kaufte, um mir Basiskenntnisse im Zusammenleben anzueignen, ohne grob fahrlässigen Schaden an Leib und Leben anzurichten, eine Pflanze. Der Gummibaum wirkt zwar unglücklich und wächst seit einem Jahr nicht mehr, aber er ist immer noch grün, das zweite, in der Ich-bin-also-doch-beziehungsfähig-Euphorie erstandene Gewächs jedoch macht mir Sorgen. Übrigens eine neu erlernte Gemütsregung. Zumindest der Plan ansich scheint also Früchte zu tragen.
Den Abfluss verstopfen meine eigenen Haare, wo die Zahnpastatube steht ist völlig egal, die Klobrille bleibt unten, morgens stört mich nur mein Mundgeruch und für Urlaub hab ich keine Zeit. Rücksicht nehm ich wenn, dann nur auf mich selbst. Ich kann tun oder lassen was mir gerade in den Sinn kommt: achtzig Stunden die Woche arbeiten, Bergungsarbeiten im Katastrophengebiet Wohnung auf ein andermal verschieben, tagelang das selbe Lied hören, fortgehen und heimkommen wann oder bleiben bei wem ich will, schauerlich falsch singen, ohne dass es mir peinlich wäre. Es gibt niemanden der mich schlaftrunken angrunzt, wenn früh um halb vier mein Wecker läutet, keinen der sich beschwert, dass es schon seit Tagen nur Reis mit Sauerkraut und Kernöl zu essen gibt, kein männliches Wesen vor dem ich meine extrem unerotischen, zerschlissenen Lieblingsunterhosen verstecken müsste. Ich brauch mir keine Jahrestage merken, zu Weihnachten keine Freude über grauenhafte Parfums oder Teddybären heucheln und mich nicht mit Reproduktionsfragen befassen. Was anderer Leute Mütter von mir denken kümmert mich nicht. Meine Orgasmen sind nie vorgetäuscht. Wenn ich es wollte, ich bräuchte mir nicht die Beine rasieren, könnte an einem Abend siebzehn verschiedene Männer küssen oder einfach mal für einen Monat untertauchen.
Single sein kann ich gut. Single sein ist toll! Und so unproblematisch!
Trotzdem saß ich kürzlich im Traum bei Edith Klinger, der Wegbereiterin, ja Urmutter, aller Kuppelshows auf der Bank. "Als nächstes haben wir ein ganz, ein ganz ein liebes schwarzes Katzerl. Die Mietzi. Das arme Viecherl haben wir in einem Hinterhof aufgelesen. Wie kann ein Mensch nur so grausam sein und so ein unschuldiges Tier einfach aussetzen??" Ich hab gefaucht und sie in die Hand gebissen. "Ja, ein bisserl scheu ist sie halt noch. Und Kinder mag sie keine. Aber sonst ist sie ganz eine Brave. Ich bitte sie liebe Zuseher, bitte, bitte geben sie ihrem Herzen einen Ruck und geben sie dem Katzerl ein liebevolles Zuhause!"
Doch nicht nur im Alptraum, auch im Freundeskreis gelte ich als schwer vermittelbar. Und das schon Mitte zwanzig. Ich sei zu wählerisch und kompliziert, heißt es. Dabei wäre ich durchaus willens mich mit jemandem zu teilen. In Wahrheit bin ich mir schon lange keine Herausforderung mehr.
Im Arbeitsleben bleiben mir noch einige Jahre, nur krieg ich langsam Streß für den Frischfleischmarkt untauglich zu werden. Wobei ich nicht unbedingt Schwerkraft und Gesichtserosion fürchte, sondern vielmehr die Tatsache, dass Langzeitalleinlebende im Laufe der Zeit egomanische Wesenszüge und Schrullen entwickeln, die den Rest der bindungswilligen und zwischenmenschlich noch kompetenten Welt abschrecken.
Um nicht zu enden wie im Film, der seit einiger Zeit vor meinem horrorszenariengeschulten inneren Auge abläuft (Ich seh mich als ältere, alleinstehende Dame, mit dauergewellter Föhnfrisur in altweiberblau und stützbestrumpften Storchenbeinen, im Kaffeehaus sitzen, mit knorrigen Fingern, auf denen überdimensional geschmacklose Ringe stecken, pro forma in der Tageszeitung blättern, während ich über den Rand meiner Lesebrille hinweg das anwesende Kaffeehausklientel kritisch beäuge, zwischenzeitlich, mit abgespreiztem Finger, Tee aus einer dünnwandigen Porzellantasse schlürfe, nicht ohne dem pinguinesken Oberkellner, der mich mangels erheirateten Titels nicht mit Fraudoktor oder Frauoberstudienrat begrüsst, was mir angesichts der Tatsache, dass all die anderen in die Jahre gekommenen Damen im Raum, die ihre räudigen Schoßhündchen mit der ranzig schmeckenden Torte aus der Glasvitrine mästen und die wie ich anschließend zum Friedhof pilgern werden um die dort ausgehängten aktuellen Todesanzeigen angemessen betroffen zu studieren oder aber eine Kerze für den viel zu früh verblichenen Herrn Doktor/Oberstudienrat zu entzünden um danach im Park Tauben zu füttern, solcherart willkommen geheissen werden, was mir sauer aufstösst, aber dagegen habe ich ja Tabletten in meiner Handtasche, die ich immerzu umklammert halte und auf offener Straße durch hektisches Regenschirmgefuchtle vor potentiellen Taschendieben, vornehmlich ausländischer Herkunft, zu schützen trachte, mit pikierter Stimme darauf hinzuweisen, dass das Teewasser lauwarm sei.) heißt das erklärte Ziel ab sofort: längerfristige soziale Interaktion mit ein und dem selben, konträrgeschlechtlichen Menschen.
Ich habe das Zusammensein bereits an Haustieren geübt und kläglich versagt. Detailiertere Ausführung könnte mir den Vorwurf der Tierquälerei einhandeln und ließe die Edith, Gott hab sie selig, im Grabe rotiern, doch jedes Wesen, dass seine Bedürfnisse nicht unmissverständlich artikulieren kann, läuft Gefahr von mir nicht beachtet zu werden. Als Haustierhälterin bin ich völlig ungeeignet, also versuche ich meine Beziehungsfähigkeit an Lebewesen zu schulen, die keinen Verwesungsgeruch verströmen und kaufte, um mir Basiskenntnisse im Zusammenleben anzueignen, ohne grob fahrlässigen Schaden an Leib und Leben anzurichten, eine Pflanze. Der Gummibaum wirkt zwar unglücklich und wächst seit einem Jahr nicht mehr, aber er ist immer noch grün, das zweite, in der Ich-bin-also-doch-beziehungsfähig-Euphorie erstandene Gewächs jedoch macht mir Sorgen. Übrigens eine neu erlernte Gemütsregung. Zumindest der Plan ansich scheint also Früchte zu tragen.
MoniqueChantalHuber - 3. Apr, 01:09
stilhäschen - 6. Mai, 10:26
Ich mag diese Schreibe sehr und habe mir eine Empfehlung erlaubt, Majestät.
MoniqueChantalHuber - 6. Mai, 11:01
ui, das is aber nett!
blogger.de:f2v2 - 13. Jul, 09:05
Köstliche Beschreibung älterer Damen im Kaffeehaus, und auch die anderen Teile des Textes sind - wie gewohnt - exquisit.
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